Clarendon Type Neutra
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Die von Albert Kapr 1968 unter dem Namen Neutra entwickelte Clarendon Type war eine wichtige Ergänzung zum Bleisatzangebot von Typoart, das damals größtenteils von Matrizen aus Vorkriegsbeständen gegossen wurde. Die Neutra wurde zunächst nur als Normalschnitt gefertigt. In einer Schriftprobe aus dem Jahre 1971 wurde ihr Zweck definiert: »Bei der Durchsicht alter Schriftmusterbücher entdeckten wir eine Clarendon, deren schöne Formen in uns den Entschluss zur Überarbeitung reifen ließ. Als Ergebnis entstand die Neutra, die sich für die Werbung und für Überschriften gleich gut eignet.«
Die Erweiterung zur Schriftfamilie mit zwei bzw. drei Fetten in 3 Designgrößen (9pt, 20pt und 48pt) erfolgte erst 1986 im Zuge der Umstellung auf die digitale Fontherstellung. Detlef Schäfer*, der damalige Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung, stellte die erweiterte Schriftfamilie 1987 in der Fachzeitschrift Papier und Druck in einem Schriftporträt vor. Er schrieb seinerzeit:
»Die Neutra ist ein typischer Vertreter der serifenbetonten oder Egyptienne-Schriften, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts infolge des wachsenden Bedürfnisses nach werbewirksamen Schriften rasch verbreiteten. Die erste Egyptienne tauchte 1815 bei Vincent Figgins in London auf. Der Name ›Egyptienne‹ dürfte keine Beziehung zur Schrift haben, sondern scheint mehr Ausdruck eines allgemeinen Interesses der Engländer an Ägypten zu einer Zeit gewesen zu sein, als das Ringen mit Frankreich um eine Vormachtstellung in diesem Gebiet begann.
Während bei den ersten Egyptienne-Schriften die balkenförmigen Serifen übergangslos an die Grundstriche angesetzt wurden, erschien 1844 eine relativ breit laufende Schrift mit dem Namen ›Clarendon‹ auf dem Markt, bei der die Übergänge zu den Serifen gerundet waren.
Die Bezeichnung ›Clarendon‹ hängt mit der Oxford-University-Press, einer der profiliertesten Pflegestätten guter Typografie, zusammen. Edward Hyde (Earl of Clarendon) verfasste die ›Historie of the Rebellion and civil wars‹, die 1702 bis 1704 bei der Oxford-University-Press erschien und ein großer Erfolg, auch in finanzieller Hinsicht, wurde. Dadurch war 1713 ein Neubau möglich, und in dankbarer Erinnerung an den Autor, der übrigens schon 1674 in der Verbannung verstorben war, nannte sich die Oxford-University-Press hinfort auch Clarendon-Press.
Die Clarendon hat seit dieser Zeit ihren Platz behauptet und gehört noch heute zum Standardsortiment fast aller Schrifthersteller. Auch eine unserer Vorgängerfirmen, die Schriftgießerei Schelter&Giesecke (gegründet 1819), hatte mehrere Clarendon-Schriften in ihrem Angebot, die aber nicht mehr unserem heutigen Geschmack gerecht werden. Deshalb entwickelte Prof. Dr. Albert Kapr 1968 die (Clarendon) Neutra als Komplettgussschrift in den Graden von 8 bis 48 pt.
Bereits der Name ›Neutra‹ bringt das Anliegen zum Ausdruck, dass es sich hier um eine Schrift handelt, die in ihrer Gestaltung neutral ist und die kaum etwas über die persönliche Handschrift ihres Autors verrät. Die klare und sachliche Linienführung dieser halbfetten Schrift und die verhältnismäßig gute Lesbarkeit sicherten ihr einen festen Platz in unserem Bleisatzangebot. Das war auch der Grund, weshalb jetzt ihre Übernahme in den Fotosatz und der Ausbau zu einer Schriftfamilie in Angriff genommen wurde. Die Gestaltung lag wieder in den bewährten Händen von Prof. Dr. Albert Kapr, der dabei von dem Grafiker Werner Schulze aus Dessau unterstützt wurde.
Nach mehreren Versuchen haben wir uns in den Textschriftgraden für eine magere und eine halbfette Schrift entschieden, die wir heute vorstellen.
Da dieser Schrifttyp einen relativ starken Fettenunterschied verlangt, wenn eine deutliche Auszeichnung gegenüber dem laufenden Text erzielt werden soll, tendiert die halbfette Schrift bereits zu einem normalerweise als dreiviertelfett bezeichneten Duktus. Wegen des geringen Unterschiedes schien uns eine zusätzliche fette Schrift nicht gerechtfertigt. In den Titelschriftgraden erfolgte der Ausbau in den drei Schriften mager, halbfett und fett, wobei die halbfette Schrift etwas weniger kräftig als in den Textschriftgraden gehalten ist. Über eine kursive Schrift ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Das Zeichensortiment besitzt den normalen Umfang der Werkschriften einschließlich der Minuskelziffern. Die Neutra wurde vor allem für Akzidenzen entwickelt, dabei ist durchaus auch ein Einsatz in Zeitschriften denkbar.
Für die ›Digiset‹ [CRT-Satzbelichter der ehemaligen Firma Hell, Kiel] bieten wir diese Schrift im Größenbereich 2 (mager, halbfett) und in den Größenbereichen 3 und 4 (mager, halbfett, fett) an. Als ›Linotronic-Schriftfont‹ [CRT-Satzbelichter der ehemaligen Firma Linotype, Frankfurt a. Main] stehen die magere und die halbfette Neutra in der Textschriftvariante zur Verfügung.«
In dem von Albert Kapr und ihm 1989 herausgegebenen Buch ›Type-Design +Schriftherstellung - Fotosatzschriften‹ ging Detlef Schäfer nochmals auf die Typoart Neutra ein: »Die Clarendon ist eine Egyptienne mit unterschiedlich breiten Senkrechten und Waagerechten sowie Balkenserifen, deren Dicke etwa den dünneren Strichen angepasst ist. Durch die unterschiedliche Strichdicke ist sie lesefreundlicher als die konstruktive serifenbetonte Linear-Antiqua mit gleich dicken Strichen. Sie nähert sich bereits wieder der Antiqua und wird dann als Antiqua-Egyptienne bezeichnet. In England ist die Clarendon der Standardtyp der Egyptienne. Die vorliegende Form fand Albert Kapr in einem Schriftmusterbuch der Schriftgießerei Schelter&Giesecke in Leipzig und überarbeitete sie so, dass ihre Eigenart erhalten blieb und ihre Lesbarkeit verbessert wurde. Die Clarendon läuft breit und weist große Mittelhöhen auf. Die Buchstaben haben sich durch die Balkenserifen in der Breite stark angenähert. Dies ist wohl auch der Grund, dass für die Einschritt-Schreibmaschine vorrangig eine der Clarendon verwandte Type verwendet wird. Der Name Neutra soll besagen, dass hier auf alles Persönliche im Ausdruck verzichtet wurde. Die normale Neutra kann als Textschrift in Zeitschriften und Katalogen eingesetzt werden. Die Halbfette und die Fette sind für Überschriften oder Auszeichnungen in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Drucksachen geeignet. Vor allem jedoch ist die Typoart Neutra eine Schrift für die Werbung.«
Die Typoart Neutra ist seit Ende der 80er Jahre Teil des digitalen Schriftbestandes von Elsner+Flake. Fonts der Neutra sind aus der Typoart Schriftbibliothek über www.fonts4ever.com als Text- und Headline-Design in erweitertem Umfang in drei bzw. vier Fettegrade erhältlich. [gf 05/09]
*Detlef Schäfer (geb. 1938 in Dresden) trat im Januar 1976 in den Betrieb Typoart ein. Sein Vater war Eigentümer der »Mechanischen Werkstätten Schäfer« in Dresden gewesen. Detlef Schäfer hatte die Ausbildung zum Ingenieur für Feinwerkstechnik und ein Studium für Informationstechnik als Diplomingenieur abgeschlossen. Er arbeitete erfolgreich in der Abteilung Forschung und Entwicklung, deren Leitung ihm schließlich anvertraut wurde. In der betrieblichen Praxis und in Fachpublikationen konnte er wiederholt die sich angeeigneten Kenntnisse über Satzschriften beweisen. Mit welcher Hingabe er sich seinen Aufgaben widmete und welche bleibende Faszination Schrift und Druck auf ihn ausübten, geht daraus hervor, dass er nach seinem Ausscheiden bei Typoart 1991 den durch Restitutionsansprüche erworbenen väterlichen Betrieb in eine Offsetdruckerei umwandelte. Leider setzte ein Herzinfarkt, dem Schäfer im Juli 1994 erlag, diesem Unternehmen ein plötzliches Ende. (W. Bergener)
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Die von Albert Kapr 1968 unter dem Namen Neutra entwickelte Clarendon Type war eine wichtige Ergänzung zum Bleisatzangebot von Typoart, das damals größtenteils von Matrizen aus Vorkriegsbeständen gegossen wurde. Die Neutra wurde zunächst nur als Normalschnitt gefertigt. In einer Schriftprobe aus dem Jahre 1971 wurde ihr Zweck definiert: »Bei der Durchsicht alter Schriftmusterbücher entdeckten wir eine Clarendon, deren schöne Formen in uns den Entschluss zur Überarbeitung reifen ließ. Als Ergebnis entstand die Neutra, die sich für die Werbung und für Überschriften gleich gut eignet.«
Die Erweiterung zur Schriftfamilie mit zwei bzw. drei Fetten in 3 Designgrößen (9pt, 20pt und 48pt) erfolgte erst 1986 im Zuge der Umstellung auf die digitale Fontherstellung. Detlef Schäfer*, der damalige Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung, stellte die erweiterte Schriftfamilie 1987 in der Fachzeitschrift Papier und Druck in einem Schriftporträt vor. Er schrieb seinerzeit:
»Die Neutra ist ein typischer Vertreter der serifenbetonten oder Egyptienne-Schriften, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts infolge des wachsenden Bedürfnisses nach werbewirksamen Schriften rasch verbreiteten. Die erste Egyptienne tauchte 1815 bei Vincent Figgins in London auf. Der Name ›Egyptienne‹ dürfte keine Beziehung zur Schrift haben, sondern scheint mehr Ausdruck eines allgemeinen Interesses der Engländer an Ägypten zu einer Zeit gewesen zu sein, als das Ringen mit Frankreich um eine Vormachtstellung in diesem Gebiet begann.
Während bei den ersten Egyptienne-Schriften die balkenförmigen Serifen übergangslos an die Grundstriche angesetzt wurden, erschien 1844 eine relativ breit laufende Schrift mit dem Namen ›Clarendon‹ auf dem Markt, bei der die Übergänge zu den Serifen gerundet waren.
Die Bezeichnung ›Clarendon‹ hängt mit der Oxford-University-Press, einer der profiliertesten Pflegestätten guter Typografie, zusammen. Edward Hyde (Earl of Clarendon) verfasste die ›Historie of the Rebellion and civil wars‹, die 1702 bis 1704 bei der Oxford-University-Press erschien und ein großer Erfolg, auch in finanzieller Hinsicht, wurde. Dadurch war 1713 ein Neubau möglich, und in dankbarer Erinnerung an den Autor, der übrigens schon 1674 in der Verbannung verstorben war, nannte sich die Oxford-University-Press hinfort auch Clarendon-Press.
Die Clarendon hat seit dieser Zeit ihren Platz behauptet und gehört noch heute zum Standardsortiment fast aller Schrifthersteller. Auch eine unserer Vorgängerfirmen, die Schriftgießerei Schelter&Giesecke (gegründet 1819), hatte mehrere Clarendon-Schriften in ihrem Angebot, die aber nicht mehr unserem heutigen Geschmack gerecht werden. Deshalb entwickelte Prof. Dr. Albert Kapr 1968 die (Clarendon) Neutra als Komplettgussschrift in den Graden von 8 bis 48 pt.
Bereits der Name ›Neutra‹ bringt das Anliegen zum Ausdruck, dass es sich hier um eine Schrift handelt, die in ihrer Gestaltung neutral ist und die kaum etwas über die persönliche Handschrift ihres Autors verrät. Die klare und sachliche Linienführung dieser halbfetten Schrift und die verhältnismäßig gute Lesbarkeit sicherten ihr einen festen Platz in unserem Bleisatzangebot. Das war auch der Grund, weshalb jetzt ihre Übernahme in den Fotosatz und der Ausbau zu einer Schriftfamilie in Angriff genommen wurde. Die Gestaltung lag wieder in den bewährten Händen von Prof. Dr. Albert Kapr, der dabei von dem Grafiker Werner Schulze aus Dessau unterstützt wurde.
Nach mehreren Versuchen haben wir uns in den Textschriftgraden für eine magere und eine halbfette Schrift entschieden, die wir heute vorstellen.
Da dieser Schrifttyp einen relativ starken Fettenunterschied verlangt, wenn eine deutliche Auszeichnung gegenüber dem laufenden Text erzielt werden soll, tendiert die halbfette Schrift bereits zu einem normalerweise als dreiviertelfett bezeichneten Duktus. Wegen des geringen Unterschiedes schien uns eine zusätzliche fette Schrift nicht gerechtfertigt. In den Titelschriftgraden erfolgte der Ausbau in den drei Schriften mager, halbfett und fett, wobei die halbfette Schrift etwas weniger kräftig als in den Textschriftgraden gehalten ist. Über eine kursive Schrift ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Das Zeichensortiment besitzt den normalen Umfang der Werkschriften einschließlich der Minuskelziffern. Die Neutra wurde vor allem für Akzidenzen entwickelt, dabei ist durchaus auch ein Einsatz in Zeitschriften denkbar.
Für die ›Digiset‹ [CRT-Satzbelichter der ehemaligen Firma Hell, Kiel] bieten wir diese Schrift im Größenbereich 2 (mager, halbfett) und in den Größenbereichen 3 und 4 (mager, halbfett, fett) an. Als ›Linotronic-Schriftfont‹ [CRT-Satzbelichter der ehemaligen Firma Linotype, Frankfurt a. Main] stehen die magere und die halbfette Neutra in der Textschriftvariante zur Verfügung.«
In dem von Albert Kapr und ihm 1989 herausgegebenen Buch ›Type-Design +Schriftherstellung - Fotosatzschriften‹ ging Detlef Schäfer nochmals auf die Typoart Neutra ein: »Die Clarendon ist eine Egyptienne mit unterschiedlich breiten Senkrechten und Waagerechten sowie Balkenserifen, deren Dicke etwa den dünneren Strichen angepasst ist. Durch die unterschiedliche Strichdicke ist sie lesefreundlicher als die konstruktive serifenbetonte Linear-Antiqua mit gleich dicken Strichen. Sie nähert sich bereits wieder der Antiqua und wird dann als Antiqua-Egyptienne bezeichnet. In England ist die Clarendon der Standardtyp der Egyptienne. Die vorliegende Form fand Albert Kapr in einem Schriftmusterbuch der Schriftgießerei Schelter&Giesecke in Leipzig und überarbeitete sie so, dass ihre Eigenart erhalten blieb und ihre Lesbarkeit verbessert wurde. Die Clarendon läuft breit und weist große Mittelhöhen auf. Die Buchstaben haben sich durch die Balkenserifen in der Breite stark angenähert. Dies ist wohl auch der Grund, dass für die Einschritt-Schreibmaschine vorrangig eine der Clarendon verwandte Type verwendet wird. Der Name Neutra soll besagen, dass hier auf alles Persönliche im Ausdruck verzichtet wurde. Die normale Neutra kann als Textschrift in Zeitschriften und Katalogen eingesetzt werden. Die Halbfette und die Fette sind für Überschriften oder Auszeichnungen in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Drucksachen geeignet. Vor allem jedoch ist die Typoart Neutra eine Schrift für die Werbung.«
Die Typoart Neutra ist seit Ende der 80er Jahre Teil des digitalen Schriftbestandes von Elsner+Flake. Fonts der Neutra sind aus der Typoart Schriftbibliothek über www.fonts4ever.com als Text- und Headline-Design in erweitertem Umfang in drei bzw. vier Fettegrade erhältlich. [gf 05/09]
*Detlef Schäfer (geb. 1938 in Dresden) trat im Januar 1976 in den Betrieb Typoart ein. Sein Vater war Eigentümer der »Mechanischen Werkstätten Schäfer« in Dresden gewesen. Detlef Schäfer hatte die Ausbildung zum Ingenieur für Feinwerkstechnik und ein Studium für Informationstechnik als Diplomingenieur abgeschlossen. Er arbeitete erfolgreich in der Abteilung Forschung und Entwicklung, deren Leitung ihm schließlich anvertraut wurde. In der betrieblichen Praxis und in Fachpublikationen konnte er wiederholt die sich angeeigneten Kenntnisse über Satzschriften beweisen. Mit welcher Hingabe er sich seinen Aufgaben widmete und welche bleibende Faszination Schrift und Druck auf ihn ausübten, geht daraus hervor, dass er nach seinem Ausscheiden bei Typoart 1991 den durch Restitutionsansprüche erworbenen väterlichen Betrieb in eine Offsetdruckerei umwandelte. Leider setzte ein Herzinfarkt, dem Schäfer im Juli 1994 erlag, diesem Unternehmen ein plötzliches Ende. (W. Bergener)
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